Brutalismus. Schön und gut?
Wenn man in Offenbach lebt und mit offenen Augen durch die Stadt geht, erscheint nicht jeder Blick schön. Gefühlt ist man von architektonischen Bausünden umgeben, welche primär durch Abriss korrigiert werden (sollen). Aber manchmal lohnt sich ein zweiter Blick. Gerade in Zeiten der Nachhaltigkeit und weit fortschreitender Verdichtung in und um Städte, sollte schon aus Gründen des Klimaschutzes ein Abriss nicht in Frage kommen.
So zieht das Gothaer-Haus an der Berliner Straße aus den 1970er Jahren immer wieder die Blicke auf sich. Ein vermeintlich unstimmiges Gebäude in zentraler Lage und mit brutalistischer Architektur, ein Zeugnis der Abkehr damaligen Baustils und auch des Denkens, ein Aufbruch in eine demokratische Moderne. Dieses Bauwerk fasziniert das junge Architektur-Kollektiv ANA aus Berlin, welches mehr oder weniger durch Zufall auf dieses Gebäude gestoßen ist. Die Berliner beschäftigen sich schon einige Jahre intensiv mit dem Haus, seiner Geschichte, den Anwohnern und laden (nicht nur Offenbacher:innen) ein, sich damit neu auseinanderzusetzen. Denn: Schönheit liegt im Auge des Betrachters. Das Nebeneinander von verspiegelten Fassaden, Betonsäulen, Wellblech und quadratischen Holzfenstern wirkt bizarr! Das Haus mit diversen Läden und Büros, mit scheinbar darüber gestapelten Wohnungen gipfelt ganz oben in einem eigenen Schwimmbad. Welches leider schon lange nicht mehr, wegen zu hoher Kosten, in Betrieb ist. Das Haus und seine Bewohner erzählen seine ganz eigene Geschichte. Damit an dieser möglichst viele Menschen teilhaben können, gibt es eine temporäre Installation vor dem Gebäude, mit einer Treppe zum Verweilen, Zusammenkommen und Diskutieren, Sprechsäulen zur Information und einem “Stadtwald”, der den Fokus auf die Umgebung und die Wiederansiedlung heimischer Pflanzen legt.
Wir finden die neuen Denkanstöße toll und sagen Danke ANA!